IV. Auswirkungen des Homerecording-Verfahrens auf die Musik
* Welche neuen Formen der Herangehensweise an Kompositionen und Musikaufnahmen sind erkennbar? * Welche Auswirkungen zeigt dabei der zunehmende Einsatz moderner Musiktechnologie? * Bewirkt Homerecording eine tendenzielle Veränderung des Musikverständnisses? * Entsteht eine typische Homerecording-Musik? Aussagen und Stellungnahmen von Musikern(280), Musikwissenschaftlern und Musikjournalisten sowie Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Untersuchung sollen dazu beitragen, diesen Themenkomplex ansatzweise zu erörtern und zu diskutieren.
Die Möglichkeit, Musikaufnahmen Stück für Stück aufbauen zu können, bot sich Homerecordisten zum ersten Mal durch die Multiplay-Funktion, mit der einige Tonbandgeräte seit den 60er Jahren ausgerüstet waren: Mehrere Tonsignale ließen sich zeitlich getrennt einspielen und daraufhin vereint wiedergeben. Bisher diente ein Tonbandgerät Musikern hauptsächlich dazu, einen Musikvortrag direkt mitzuschneiden, um ein akustisches Abbild zu erstellen, das Sound-on-Sound-Verfahren war der erste Schritt zu spielerischen Experimenten.
Doch erst mit der Verfügbarkeit von Mehrspur-Bandmaschinen
"... haben Musiker den Vorgang des Komponierens
als sukzessives Aufeinanderschichten von musikalischen
Elementen begreifen gelernt."(281) "Die Entwicklung der Vierkanal-Heimstudios hat mit Sicherheit den Entstehungsprozeß von Musik revolutioniert, da es durch sie nun nahezu jedem kreativen Musiker möglich geworden ist, seine Ideen ohne großen finanziellen und technischen Aufwand aufzuzeichnen."(285) Über die Mehrspurtechnik wurden Homerecordisten damit vertraut, ein Musikstück zu analysieren, um es - ähnlich wie ein Mosaik - auf einzelnen, sich ergänzenden Tonspuren zusammenzusetzen. Dabei kann die Konstruktion entweder nach einem Plan oder auf spielerische Weise erfolgen, z.B.: * Eine schon im Kopf abstrakt vorhandene Musik wird in einzelne Bestandteile zerlegt, d.h. sie wird arrangiert und verschiedenen Instrumentenstimmen zugeordnet. Nach schrittweiser Aufnahme dieser Teile, bzw. nachdem die Spuren planmäßig bespielt worden sind, ist die Musik - nun in konkrete Form umgesetzt - hörbar. * Eine musikalische Grundidee bildet den Ausgangspunkt, wird aufgenommen und durch ergänzende Stimmlinien weitergeführt und zu einem Musikstück komplettiert. Die Mehrspurtechnik dient hier dazu, eine Komposition während der Aufnahme auf spielerische Art wachsen zu lassen. Vielen Homerecordisten offenbarte sich durch solche Arbeitsweisen ein tieferer Einblick in musikalische Zusammenhänge und Strukturen, wie auch in den Interviews deutlich wurde.(286) Bei der Gestaltung von Homerecording-Aufnahmen erfuhr die klangliche Bearbeitung zunehmende Beachtung. M.E. ist hervorzuheben, daß Musiker lernten, emotionale Inhalte eines Raumes zu begreifen und die Wirkung von räumlichen Effekten oder Naturräumen als kompositorisches Mittel einzusetzen.(287) Die Zahl der Multiinstrumentalisten unter Homerecordisten ist allgemein ziemlich gering, und bis ca. Mitte der 80er Jahre war der Einsatz von Sound-Samplern, die herkömmliche Instrumente ersetzen können, unüblich, da preiswerte leistungsfähige Geräte dieser Art noch nicht zur Verfügung standen. Abgesehen von der speziellen Gruppe der Elektronikmusiker, die bereits seit den 70er Jahren ihre Heim-Produktionen im Alleingang kreierten, ist m.E. eine für die Anfangszeit der 4-Kanal-Studios typische Arbeitsweise erkennbar:
Homerecordisten luden befreundete Musiker zu sich nach
Hause ein, um gemeinsam Kompositionen zu erarbeiten oder
um zu experimentieren. Das Einspielen der einzelnen
Parts teilte man sich untereinander auf, entsprechend
der Fertigkeit auf bestimmten Instrumenten oder im
Umgang mit der Gesangsstimme.
Ein praktischer Vorteil ergab sich aus der Möglichkeit,
daß mehrere Musiker gleichzeitig einen Aufnahmevorgang
bestreiten konnten, denn so wurde die begrenzte
Spurenkapazität besser genutzt. Erinnern sich Homerecordisten an die Zeit der frühen Aufnahmesessions in ihrem ersten 4-Spur-Studio, betonen sie den phantasievollen Charakter und den 'Charme' der damaligen Produktionen, z.B. auch der Amerikaner Craig Anderton, Autor eines bekannten Homerecording-Leitfadens in englischer Sprache(288): "Vor kurzem hörte ich mir einige Bänder an, die ich Mitte der 70er Jahre mit einem kleinen 4-Spur-Studio gemacht hatte. Ich war überrascht, wie ideenreich sie trotz der sehr einfachen Geräte waren. Ich hatte viele Sachen direkt mit Effekten aufgenommen, und da ich wenn nötig alle meine paar ärmlichen Effektgeräte für jede einzelne Spur verwenden konnte, klangen die Stücke viel komplexer, als man es nur von vier Spuren erwarten würde. Außerdem war ich durch die engen Grenzen meiner Ausrüstung dazu gezwungen, kreativ damit umzugehen. Dadurch entstand wiederum eine experimentellere, spielerische Einstellung, die gut für die ganze Musik selbst war."(289)
Eine neue Arbeitsweise entsteht "Als 1983 der MIDI-Standard etabliert wurde, konnte eine einzelne Person die einem ganzen Orchester entsprechende 'Klangmenge' steuern. Etwa zur gleichen Zeit erschienen auch die ersten leistungsfähigen Personal-Computer, woraus sich ein immenses Potential an Kontrollmöglichkeiten für MIDI-Instrumente ergab. Mit dieser Entwicklung war der Grundstein für eine neue Ära gelegt, dem Komponisten entstanden in Form von Kompositionssoftware Handwerkszeuge, die alles Dagewesene in den Schatten stellten. ... Vor dem Hintergrund der fast 30jährigen Geschichte des Multitracking und der Vertrautheit der meisten Musiker mit dem Konzept dieses Verfahrens ergab es sich nahezu von selbst, daß die in der Folgezeit entstehende Sequenzersoftware die Mehrspurtechnik emulierte. Die Stärke dieses Konzepts liegt in der Möglichkeit, Ideen schrittweise zu realisieren, eine Komposition in vertikaler Richtung durch horizontale Schichtung aufzubauen. Jedes Teilstück kann dabei exakt schon Vorhandenem angepaßt werden."(290) "Das Handwerkliche und Begrenzte beim akustischen Instrument, das Spekulative beim analogen Synthesizer, dieses Glücksspiel mit den Reglern, weicht der Planung, der Konstruktion, der Vorberechnung. Ein neues musikalisches Vorstellungsvermögen muß dabei entwickelt werden. Jede erdenkbare Änderung der Hüllkurve, des Frequenzbereichs etc. und damit auch jeder erdenkbare elektronische Klang ist möglich, speicherbar und jederzeit wieder abrufbar. ... Programmsprachen versetzen den Musiker in die Lage, seine Musik ohne fremde Hilfe zu realisieren, Note für Note, Takt für Takt, alle dynamischen Werte, die gesamte Partitur wird einprogrammiert. Der 'Sklave' Computer realisiert exakt das, was der Autor wünscht. Der Musiker, der Komponist spielt die Musik nicht mehr selber mit der Hand, er macht sich frei von den handwerklichen Fähigkeiten seiner eigenen Person oder eines anderen Interpreten."(291)
Diese Aussagen - wie auch einige der folgenden Zitate -
beziehen sich nicht speziell auf den Homerecording-
Bereich, sondern beschreiben allgemein eine neue Arbeitsweise
im Studio, die in den letzten Jahren durch elektronische
MIDI-Instrumente in Verbindung mit Computern
möglich geworden ist und zunehmend praktiziert wird -
von Profis wie von Amateuren. In diesem Zusammenhang sieht Jan Reetze "... Fortschritt, was auch immer das sei ..."(294), oft an der musikalischen Basis bei Amateurmusikern entstehen(295), "...die unbelastet von finanziellen Zwängen vor sich hinwerkeln, Musik als Hobby betreiben und deshalb auf keine Zeitgeister oder Manager Rücksicht nehmen müssen."(296)
Enders wird noch deutlicher, indem er sagt:
Der Trend zu vermehrt computergesteuerter Musik im
Homerecording-Bereich(298) wird in der Untersuchung
bestätigt: "Heute ist sie [die Produktionsweise] nicht mehr ungewöhnlich; sie wurde technologisch bedingt auch immer einfacher. ... Spätestens seit der Sampling-Technologie mußten sie [die Musiker] die erklingenden Instrumente nicht einmal mehr wirklich spielen können. Bezieht man nun noch die Homerecording-Technik mit ein, wird deutlich, daß sich hier mit der 'privaten' Musikproduktion im stillen Kämmerlein ein Musikzweig bildete, der ohne entsprechende Technologien nicht denkbar wäre. Und dieser Zweig wuchs im Laufe der 80er Jahre zum starken Ast heran."(300)
Ähnlich wie "... die Komponisten Bach, Brahms, Liszt, Chopin, Scriabin, ... die alle auch große Pianisten waren"(301), der These recht geben(302), "...daß man komponieren kann, ohne selbst jedes Instrument spielen zu können, für das man komponiert"(303), "... ist es heute möglich, mit dem Computer zu komponieren, ohne selbst Keyboards spielen zu können. Zum anderen beflügelt es offenbar die musikalische Arbeit, wenn man zumindest ein Instrument gut spielen kann."(304)
Will man bei einer Homerecording-Aufnahme konventionelles
Instrumentarium imitieren, ist es vorteilhaft,
einen "Bezug zum Einsatz von Instrumenten"(305) zu haben: Doch die klanglichen Möglichkeiten moderner Musiktechnologie gehen weit über das Imitieren hinaus, denn ihr Vorteil "... besteht darin, daß man über das herkömmliche Spielen hinaus musikalische Ideen verwirklichen kann, die man mit einem Instrument nicht machen kann."(307) Jedem Anwender bietet sich prinzipiell die einmalige Chance, nach eigenen Vorstellungen ein individuell klingendes und spielbares Instrument zu 'bauen' und zu erlernen, um es zu seinem persönlichen Ausdrucksmittel zu machen. "Allerdings wird dieser Freiraum wiederum durch die medientechnisch bedingte ästhetische Kanalisation der massenmusikalischen Serienproduktionen beschnitten. Auch die eigene, teilweise recht komplizierte ... Programmierung von Sounds wird nur von ca. 20% der Synthesisten und Keyboarder selbst unternommen."(308) Weitgehend werden Synthesizer, Sampler usw. als Preset- Instrumente benutzt - mit den von der Herstellerfirma mitgelieferten Klangprogrammen.(309) "Es wäre aber eine grobe Fehleinschätzung der musikalischen Möglichkeiten der elektronischen Klanggestaltung, wenn man hier ein prinzipielles Defizit vermuten würde. Ich habe schon an anderer Stelle eindringlich darauf hingewiesen, daß elektronische Instrumente - zumindest theoretisch - in bisher nicht erreichtem und mit mechanischen Instrumenten auch nicht zu erreichendem Maße alle Voraussetzungen für beliebig subtile Klangformungsprozesse in sich tragen, da jeder Parameter eines elektronisch erzeugten Klangs sowohl im klanglichen Mikro- wie auch im klanglichen Makrobereich kontinuierlich geregelt und folglich variiert werden kann, und zwar manuell ebensogut wie programmgesteuert. Ob der Musiker die gegebenen Möglichkeiten musikalisch auch umsetzt, ist weniger eine Frage der verwendeten Instrumententechniken als in viel größerem Maße eine Sache des musikalischen Anspruchs."(310) Nach der Meinung einiger Musiker schöpfen viele Anwender ihr Computer-Instrument (Synthesizer, Sampler) nicht aus, beschränken sich oft nur auf die vom Werk aus einprogrammierten Preset-Sounds und betrachten es lediglich "als eine Art Super-Orgel"(311) oder einen effektvollen 'Geräusche-Spender'.
Paul Fishman z.B. meint:
Wolfgang Mitterer schließt sich dem an: Ulrich Rützel spricht den Drang vieler Musiker an, mit der reizvollen Computertechnologie zu schnellen Erfolgserlebnissen kommen zu wollen und meint, "... daß die meisten Musiker, die sich das kaufen, es dann ganz schnell anwenden wollen, ohne mit dem Gerät in die Tiefe zu gehen und es wirklich zu erlernen ! Man muß so ein Computer-Instrument genauso erlernen wie jedes andere Instrument, zumindest diese teuren Dinger. Da hat man so viele Möglichkeiten, daß man das nicht im halben Jahr kann !"(314)
Rainer Brüninghaus argumentiert ähnlich:
Matthias Becker macht auf ein Problem aufmerksam, das ein Grund dafür sein könnte, daß viele Homerecordisten nicht in die Tiefe der modernen Musiktechnologie vordringen, gemessen an der Vielfalt der Möglichkeiten sehr oberflächlich arbeiten und sich mit der schnellen, effektvollen Anwendung der Geräte begnügen:
"... Irritierend ist mittlerweile ... die Überfülle des
Geräteangebots."(316) "Zwar sind Geräte ... in den letzten
Jahren immer preiswerter geworden, ... jedoch ist mit
dem Sinken des Preises gleichzeitig auch die Zahl der
verschiedenen im Handel angebotenen Produkte fast ins
Unüberschaubare angewachsen. Die Entwicklung immer neuer
Produkte und die damit einhergehende geradezu explosionsartige
Expansion des Angebots hat ein enormes Informationsdefizit
zur Folge. Einerseits beim Anwender, der
sich in fast halbjährlichem Rhythmus neuen Geräten
gegenübersieht, andererseits aber auch beim Händler, der
sich ja auch zwangsläufig mit jedem der neuen Produkte
auseinandersetzen muß .
Johannes Schmoelling meint:
Der österreichische Bassist und Musiklehrer Adelhard Roidinger glaubt, "... daß man mit einem Computer noch besser lernen kann. Da müßte man die Entwicklung großräumiger sehen. Ich kann an zahlreichen Erlebnissen mit Studenten feststellen, daß die Bereitschaft, in einer Gruppe zu arbeiten, sinkt und zwar weltweit. Das hängt damit zusammen, daß Wissen leichter zugänglich ist. Wenn man einmal erlebt hat, wie sich Lernprozesse mit Hilfe der Computer-Technologie beschleunigen lassen, dann kann man verstehen - und dies habe ich in Österreich schon erlebt - warum plötzlich junge Musiker ein enormes Interesse für die Klassik aufbringen. Warum? Weil sie nicht mehr gezwungen sind, über ihr Instrument und ein jahrelanges Studium die Klassik aufzurollen, was vielleicht aufgrund ihrer persönlichen Geschichte gar nicht möglich ist. Sie können aber in einem Zeitraffersystem Strukturen erarbeiten und lernen plötzlich, in Dinge einzusteigen, die ihnen vorenthalten waren."(321,322) Askan Siegfried hebt - ähnlich wie Roidinger - die Entfaltungsmöglichkeiten im Computer-Studio für traditionell ungebildete Autodidakten hervor, "... die vorher gar nicht Musik machen konnten, meinetwegen, weil sie nicht zu Hause Geige gelernt haben; die da jetzt aber über einen Computer oder ein Keyboard beigehen können. Ich erlebe oft im Studio, daß jemand eine tierische Musik macht, und ich frag' ihn: Was hast du denn für eine Ausbildung?, und der sagt: Nichts, das habe ich mir alles selbst beigebracht!"(323) Der Musikwissenschaftler Dr. Bernd Enders zeigt das Thema 'Lernen mit Computern' insbesondere im Zusammenhang mit der Musikpädagogik auf und weist auf neue Unterrichtsinhalte und Aufgabenfelder hin(324), die sich m.E. ebenfalls für den Homerecording-Bereich ergeben - für Autodidakten wie selbst für ausgebildete Musiker:
"Es ergeben sich genügend Perspektiven gerade für
Unterrichtsinhalte, die in der Vergangenheit zu kurz gekommen
sind (Komposition, Arrangement, Improvisation,
Interpretationsanalysen etc.) ... Z.B. ergeben sich aus der
Arbeit mit Composerprogrammen, die das beliebige Verändern
einer musikalischen Struktur am Bildschirm erlauben, völlig
unerwartete analytische Zugriffe (Partitur durchhörbar machen,
gezielte Parameteränderung, Visualisierung von akustischen
Vorgängen) ... Peter Michael Hamel sieht die Chance für den Laien, der heute "... mit elektronischen Musikapparaturen und Synthesizern effektvolle Tonstücke herstellen kann ..."(326), die innere Struktur eines Klanges (Hüllkurven-Form, Oberton-Aufbau etc.) begreifen und formen zu lernen: "Das Spiel an diesen Geräten, die jeden Ton bzw. Klang mühelos praktisch unendlich lang aushalten und in jeder beliebigen Art und Weise verändern können, hat vielen Musikern das Ohr für die einem Klang innewohnenden Gesetzmäßigkeiten wieder geöffnet."(327,328)
"Eine solche neue Welt unendlicher Tonhöhen, Geräusche und Klangfarben stellt den Komponisten, der sich der Elektronentechnik bedienen will, vor bisher unbekannte Aufgaben. Vor allem muß er sich ein völlig neues klangliches Vorstellungsbild erarbeiten und sich durch die schallerzeugende Apparatur belehren lassen, welche Klang- und Geräuschmöglichkeiten ihm zur Verfügung stehen. Zugleich wird er, wenn er sich die neuen Mittel erarbeitet hat, sein eigener Interpret."(329) Jan Reetze hierzu:(330) "Wäre es möglich, daß viele Musiker die Forderung Lindlars zu wörtlich nehmen und angesichts der fast unendlichen Möglichkeiten der Klangerzeugung, -bearbeitung und -formung ganz einfach überfordert sind? Daß sie das 'Wie' so stark unter Beschlag nimmt, daß darüber für das 'Was' keine Zeit mehr bleibt?"(331) In diesem Zusammenhang wird m.E. die schon von Enders erwähnte "Sache des musikalischen Anspruchs"(332) für den einzelnen Homerecordisten bedeutungsvoll: Er sollte wissen, was er musikalisch ausdrücken will und muß entscheiden, was für seine Musik wirklich wichtig ist. Die Fähigkeit, entscheiden zu können, wird im Computer-Studio zur unbedingten Notwendigkeit, um die Essenz - die Musik - nicht zu behindern. Es gilt zu lernen, bewußt mit der Musiktechnologie umzugehen, "... den Computer bewußt als kreatives Stilmittel einzusetzen"(333) - bei der Programmierung eines Instruments, der Aufnahme- und Klanggestaltungsarbeit sowie beim Komponiervorgang.
Brian Eno drückt es folgendermaßen aus:
Ein Weg, sich im Computer-Studio die vielfältigen
Möglichkeiten zunutze zu machen, um Musik zu entwickeln,
ist - neben der systematischen Vorgehensweise - die
Anwendung des 'Trial & Error'-Prinzips, wie der Untersuchung
als auch diversen anderen Musikerinterviews zu
entnehmen ist - z.B. einem Gespräch mit Wolfgang
Mitterer: Larry Oppenheimer zum Komponieren mit Computern: "Zufallsorientierte Systeme begünstigen eher die Variation, das Neue, produzieren Anregungen und können sogar zum Studium der Abläufe kreativer Schaffensprozesse dienen. Komposition und Darbietung von Musik stellen Prozesse dar, und Computer sind zum Umgang mit Prozessen geradezu prädestiniert."(336)
Wie aus den folgenden Zitaten ersichtlich werden wird, vergleichen manche Musiker die Komponierarbeit im Computer-Studio mit der eines klassischen Komponisten. Da jedoch der Vorgang des Komponierens direkt mit der praktischen Umsetzung verschmilzt, ähnelt das solistische Computer-Homerecording immer mehr der Vorgehensweise eines bildenden Künstlers oder Schriftstellers.
Bernd Enders:
Brian Eno:
Adelhard Roidinger:
Steve Winwood:
Auch Ulrich P. Lask zieht den Vergleich zur klassischen
Komponierweise und hält den Computer für ein ideales
Instrument, musikalische Ideen umzusetzen:
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